Ist das Wahlrecht in Hamburg zu kompliziert?

Michael Schütze

Michael Schütze

Laut einem Bericht der Zeitung “Die Welt” wollen SPD und CDU nach der Bürgerschaftswahl am 15. Februar einen neuen Anlauf starten, das Hamburger Wahlrecht zu ändern, weil es angeblich zu kompliziert sei. Ist das so? Ist der Wähler zu blöd, das Wahlrecht zu verstehen? Oder passt den Parteien und ihren wichtigen Funktionären nur nicht die Freiheit, die der Wähler mit dem Hamburger Wahlrecht hat, die LIstenreihenfolgen zu verändern?

Schauen wir uns doch einfach mal das Wahlrecht an. Es gibt zwei Stimmzettelhefte, eines für die Landesliste der Parteien und eines für die Wahlkreislisten. Auf jeder Liste kann der Wähler bis zu fünf Stimmen verteilen.

Beispiel Landesliste

Beispiel Landesliste

Bei der Landesliste kann er die Partei seiner Wahl wählen oder auch einzelne Kandidaten. Dabei kann eine Partei oder ein Kandidat alle fünf Stimmen bekommen oder die Stimmen werden auf mehrere Kandidaten oder gar Parteien aufgeteilt. Beispiel: Ein SPD-Wähler gibt der SPD alle seine fünf Stimmen oder er gibt ihr zwei Stimmen und Bürgermeister Olaf Scholz drei Stimmen (siehe Beispiel). Übrigens entscheiden nur die Stimmen auf den Landeslisten über die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft. Wer also möchte, dass die SPD weiter regiert, muss auf der Landesliste die SPD und/oder ihre Kandidaten ankreuzen!

Auszug aus dem Musterstimmzettel der SPD für den Wahlkreis Bergedorf

Auszug aus dem Musterstimmzettel der SPD für den Wahlkreis Bergedorf

Auf der Wahlkreisliste können nur Personen angekreuzt werden. Auch hier gilt. dass die fünf Stimmen einer einzigen Person gegeben  oder auf verschiedene verteilt werden können. Es muss auch nicht die erste Person auf der Liste angekreuzt werden, sondern die Person der eigenen Wahl (siehe Beispiel). Das gefällt zwar gegebenenfalls den Parteispitzen nicht, aber überfordert das die Wähler? Auf die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft hat das Stimmverhalten im Wahlkreis im übrigen keinen Einfluss. Hier wird nur entschieden, welche Person aus dem jeweiligen Wahlkreis in die Bürgerschaft einzieht. Man kann also selbst als CDU-Wähler einen SPD-Kandidaten wählen, wenn einem der gefällt!

Kurzum: Ich glaube nicht, dass der Wähler das Wahlrecht nicht versteht, weil es zu kompliziert ist. Die Parteien müssen es einfach nur gut genug erklären. Das ist die klassische Aufgabe von Parteien: politische Bildung. Das kann doch nicht so schwer sein, oder?

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